Die Rolle der Frauen im Musikverein Dingelsdorf

In früheren Zeiten war das öffentliche Musizieren ganz klar eine reine „Männersache“. Noch in der Zeit der Ausbildung junger Musiker durch den Dirigenten Fach nach dem Zweiten Weltkrieg beispielsweise war die Aufnahme von Frauen in den Musikverein undenkbar. Diese unschöne Erfahrung musste die Tochter von  Herrn Fach machen: Als sich die junge Frau der in ihrem Elternhaus versammelten Runde junger Musiker anschließen wollte, um ebenfalls das Notenlesen zu erlernen, jagte sie der Dirigent kurzerhand davon.

 

 

 

Die erste Musikantin im Musikverein Dingelsdorf überhaupt war Angelika Romer, die 1972 als Klarinettistin in das Orchester aufgenommen wurde. Einwände gegen ihren Beitritt wurden keine erhoben, sondern ganz im Gegenteil freuten sich die Musiker über die Vergrößerung und weibliche Gesellschaft ihrer Kapelle. Im Jahr 1982 war die Zahl der aktiven Musikerinnen bereits auf fünf angestiegen, wobei die Musikantinnen überwiegend aus jenen Familien stammten, in denen der Vater bereits Mitglied des Musikvereins war.

 

 

 

 

Die Begleitung der musizierenden Männern zu ihren Auftritten hat bei den Musikerfrauen eine ebenso lange wie gute Tradition. Um nur ein Beispiel zu nennen sei erinnert an das Bezirksmusikfest im Jahr 1955 in Bodman. Die Musikerfrauen radelten zur Unterstützung ihrer Männer nach Bodman, die  schließlich die bestmögliche Bewertung, nämlich die Auszeichnung „sehr gut“, für ihren Vortrag des zuvor zugesandten, aber selbst zu finanzierenden Pflichtstücks „Ein Mann ein Wort“ sowie für das Wahlstück „Sonntag im Alpstein“ erhielten.

 

 

 

Der bemerkenswerte Zusammenhalt der Musikerfrauen zeigt sich auch darin, dass diese sich bereits seit vierzig Jahren regelmäßig und dies mindestens einmal im Monat treffen.

 

So war es zunächst Brauch, dass sich die Frauen während des Probenbesuches der Männer an der Bushaltestelle trafen, um in Konstanz einen gemütlichen Abend miteinander zu verbringen. Nach Dingelsdorf zurück gekehrt, leisteten sie dann gemeinsam ihren Männern Gesellschaft, die nach der Musikprobe in der „Seeschau“ zusammen saßen.

 

Später dann wurden die Treffen der Frauen auf den Mittag verlegt und zusammen machten sich die Musikerfrauen auf zu grösseren Ausflügen unter anderem nach Heidelberg, München, Passau und nach Bad Buchau.

 

 

 

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass es die Musikerfrauen waren, die das seit langen Zeiten für Dingelsdorf typische „Ala-Bock-Häs“ kreiert hatten. Begonnen hatte es damit, dass die Frauen auf weißen Stoff die Federn des Ala-Bock - einer Möwe- aufgemalt und außerdem auch noch Kopfbedeckungen  aus Federn eigenhändig hergestellt hatten. In einem weiteren Schritt wurden dann auf den weißen Stoff von Hand zahlreiche Federn aufgenäht, die sackweise gekauft worden waren. Mit diesem ebenso eigenwilligen wie einmaligen Kostüm nahmen die Frauen dann am Fasnetsumzug teil. Über viele Jahre war es außerdem guter Brauch, dass die Musikerfrauen sich am Fasnetssonntag vor der Zylinderparade zu einem gemeinsamen Frühstück trafen. Selbstverständlich wurden in früheren Zeiten auch die gemeinsamen Kostüme für den ebenfalls am Sonntag stattfindenden Musikerball selbst genäht. 

 

 

 

Mit einem kleinen Augenzwinkern soll beim Thema Frauen im Musikverein Dingelsdorf ein häufig an Konzerten des Musikvereins zu beobachtendes Phänomen erklärt werden, nämlich das plötzlich auftretende, kurzfristige Sich-Leeren der Thingolthalle. Alleiniger Auslöser dieser „Hallenflucht“ ist das Kommando „Duschkopf“, das vor etwa fünf Jahren von den Dingelsdorfer Musikermädels ins Leben gerufen wurde. Auf dieses Kommando hin treffen sich die Mädels in der Dusche und trinken dort selbst mitgebrachten Schnaps, um die Nervosität vor einem Solostück oder einer Ansage zu vertreiben. Sollten Sie – liebe Leser – bei einem der nächsten Konzerte das Kommando vernehmen und ebenfalls einen Schnaps benötigen, sind Sie herzlich eingeladen, in der Dusche vorbeizuschauen.